Es war ungefähr um die Mittagsstunde, da sah ich die erste berittene Truppe der Bolschewiki in der Stadt. Sie begrüßten uns als „Stonarische“, was soviel bedeutet wie Freunde. Sie erkundigten sich, was geschehen ist, und wo die Gefangenen seien. Als sie alles bis ins kleinste wussten, sprengten sie in aller Eile davon.
Wir fuhren die liegen gebliebenen Waffen auf dem Vorplatz zusammen. Es war ein haushoher Haufen geworden. Aber Brot war nicht aufzutreiben. Zucker und Butter, ja, und einige Fässer Wein und Buchweizen. Das waren die einzigen Lebensmittel. Ich habe ein paar Mal mit der Hand in das Butterfass gefasst, aber nur, um das Hungergefühl zu stillen. Zum Mittag gab es ja etwas mehr. Aber was sind schon 2 Kessel Buchweizensuppe bei so vielen.
Wir haben nun auch noch die Geschütze auf dem Vorplatz neben den Waffen aufgestellt. Es waren ungefähr 50 - 60 Stück. Ein vollkommen unbeschädigtes habe ich nicht gesehen. Danach, in den Abendstunden, haben wir Schluss gemacht.
Ich kann versichern, es war grauenvoll. Um die Toten kümmerte sich niemand, und ich habe oft so für mich gedacht, kommen wir hier noch mal heraus.
Abends, so zwischen 19.00 - 20.00 Uhr kamen zwei Kommissare. Sie hatten sich Rotgardisten in Kompaniestärke mitgebracht. Sie verlangten: “Sofortige Entwaffnung. Wer noch mit der Waffe angetroffen wird, wird bestraft. Wer raubt oder plündert wird mit dem Tode bestraft. Um 22.00 ist Zapfenstreich.“ Aber am Tage konnten wir uns bewegen wo wir wollten. Die gefangenen und von uns bewachten Weißgardisten wurden gefesselt und abgeführt. Es wurde erzählt, sie wären an der Wolga erschossen worden. Wenn ja, so hatten sie es verdient.
Am ersten Tag abends wurde der Wein verteilt. Jeder bekam einen guten ¼ Liter und einen Beutel guter Parfümseife, 5-6 Stück, und auch Stockfische.
An einem Nachmittag waren wir mal in der Stadt und wollten uns die Verwüstungen ansehen. Auch dazu waren wir befugt. In der Stadt sah es traurig aus. Die Häuser waren zur Hälfte zerstört. Wir hatten uns wohl zu lange aufgehalten. Es wurde schon schummrig. und wir wurden von einer Reiterpatrouille erwischt. „Rostei. Rostei. A stoi Plenny?“ Wir sagten: „Da, da. “Idi Domei“ schitschas.“ Was soviel heißt wie, wir sollten uns nicht rühren und ob wir Gefangene seien. „Ja, ja“. „Sofort nach Haus.“
Wir sind noch 3 Tage da geblieben. In der Zeit wurde die Bahn wieder fertig gestellt. Am 3. Tag abends fuhr ein Zug in den Bahnhof, und wir rollten in Richtung Moskau.